Pferdegestütztes Coaching – der Begriff kommt vielleicht etwas „sperrig“ daher. Oder wie ein neuer „Verkaufsschlager“.
Für mich beinhaltet es „sanftes, wohlmeinendes Fördern und Fordern meiner Fähigkeiten durch das besondere Wesen Pferd“! Aufgewachsen mit Pferden und Eseln lernte ich früh, mit ihnen eine Beziehung einzugehen, zu kommunizieren – und von ihnen zu LERNEN! Bis heute spielen immer wieder Pferde eine entscheidende Rolle für Entwicklungsschritte in meinem Leben. In meiner Tätigkeit als Coach erlebte ich Situationen, in den ich dachte, wie einfach es wäre, das Pferd zu „befragen“. Ich probierte es aus. Und der Erfolg war beeindruckend: Die Vielschichtigkeit der (Lern)Prozesse reicht weit und der Profit für den Coachee ist nachhaltig!
Mit „Lernen“ verbinden wir in der Regel hauptsächlich „Arbeit mit dem Kopf“: In den Kopf soll es rein – all das Wissen, all die Reflexion. Dabei bestehen wir doch aus so viel mehr: Hände, Beine, Füße, Herz, Bauch… Dabei wissen wir schon lange, dass die Wirkung einer Botschaft zu 50-60% von der Körpersprache, zu 20-30% von der Stimme und zu lediglich 10% vom Inhalt der gesprochenen Worte abhängt. Das heißt sowohl das Senden als auch das Aufnehmen von Informationen erfolgt in erster Linie über nonverbale Kanäle die mit anderen Hirnarealen als denen für Ratio und Sprache verbunden sind. Sie sind sehr viel schlechter zugänglich für uns und dadurch schwerer zu steuern bzw. zu kontrollieren.
Und hier kommt das Pferd ins Spiel:
Von Natur aus Fluchttiere ist es überlebensnotwendig für Pferde, dass a) sie jede kleinste Bewegung und Regung im Umfeld wahrnehmen, da ein Raubtier lauern könnte und b) die Herde nach klaren Regeln und Positionen „funktioniert“. Die Herdenstruktur ist relativ einfach: Es geht um die Frage „Bist DU oben oder bin ICH oben?“ Das ist nicht der uns bekannte Machtkampf sondern ausschließlich dem Zweck dienend: das Überleben der Herde zu sichern. Unterordnung ist bei Pferden wertfrei und zweckdienlich. Jeder hat seine Aufgabe, die wichtig ist für das Gesamtziel: Überleben.
Die differenzierte und nuancierte Wahrnehmungsfähigkeit der Pferde ist in der Arbeit mit ihnen für uns wie ein „Blick in den Spiegel“: So kann die zunächst einfach wirkende Aufgabe, ein Pferd von a nach b zu führen recht komplex werden: 600kg in Gang bringen. Vielleicht das auch noch ohne Strick. Und das zu einem bestimmten Zielpunkt. Wie groß muss ich mich machen, damit mich das Pferd wahrnimmt? Wieviel Klarheit und Fokussierung braucht es in meiner Körpersprache, dass mir das Pferd abnimmt, dass ICH „oben“ bin? Wieviel Dynamik benötige ich in meiner eigenen Körperspannung oder Bewegungsbereitschaft, um das Pferd zum losGEHEN zu bewegen? Und was ist möglicherweise zu viel, dass das Pferd unkontrolliert losrast? Wie vermittele ich dem Pferd, dass ich vertrauenswürdig bin? Wie stimmen wir uns ab, um gemeinsam das Ziel – nämlich Punkt B – zu erreichen?
Die Chance dabei ist, dass das Pferd uns unmittelbar und authentisch zurückmeldet, was es wahrnimmt. Es reagiert auf uns – ehrlich und vorurteilsfrei. Wir bekommen dadurch die Möglichkeit, unbewusste Verhaltensweisen und Reaktionsmuster wahrzunehmen, zu reflektieren und können alternative Handlungsweisen direkt ausprobieren und ihre Wirkung unmittelbar spüren.
Ziel ist es, dass Sie das Erlebte durch verschiedene Reflexionsweisen (Feedback vom Pferd, den anderen Teilnehmern und der Trainerin, Videoaufnahme und -auswertung) in Ihre ganz persönliche Alltagssituation übertragen können.
Bei der Arbeit mit den Pferden handelt es sich in erster Linie um ein praxisorientiertes und experimentelles Erfahrungslernen mit bzw. durch die Tiere. Informationen werden über sämtliche Sinneskanäle erschlossen, so dass sich die Eindrücke, Erlebnisse und Bilder auch über Jahre hinweg einprägen und jeder Zeit gut wieder abrufbar sind. Es geht weniger um „Faktenlernen“, denn um mit Hilfe der vorhandenen Kenntnis der Fakten eine individuelle Haltung zu bestimmten Anforderungen zu formen: z.B. Führungspersönlichkeit, Kommunikations-, Konflikt- und Teamfähigkeit.
Es wird NICHT geritten, Sie benötigen KEINERLEI Kenntnisse im Umgang mit Pferden, alle Übungen finden ausschließlich am Boden statt.